BioMachtData (de Gruyter, 2022) April 6, 2022

Unter Dataisten versteht man hier Menschen, die der neuen Entwicklung des unbegrenzten Datenfluss huldigen. Spannend am Dataismus ist, dass er, ähnlich dem Kapitalismus, als neutrale wissenschaftliche Theorie begann, sich jedoch zu einer Art Religion auswuchs. Hier ist nicht mehr der Mensch heilig, wie noch zuvor zur Entstehung der Humanwissenschaft – nein, die Daten an sich sind es! Miss Data regiert die Welt! Sie kontrolliert alles und jeden, und die Menschen sind dazu verdammt, darin auf – oder unter zu gehen. Spannend ist, dass diese Vision denen der Religion nicht unähnlich ist. Beispielsweise wird auch im Hinduismus geglaubt, die Seele solle mit der Seele des Kosmos, dem Atman, verschmelzen. Auch der Märtyrer, der sich dem großen Ganzen, also der Vorstellung eines Gottes, opfert, betreibt da eine ähnliche „Technik“. Jedoch kommt hier eine Erneuerung hinzu: denn der Mensch wird nicht mehr gebraucht. Im Gegenteil, er scheint eine veraltete Technik zu sein. Doch der Dataismus besteht nicht nur aus Prophezeiungen sondern wie die meisten Religionen auch aus Geboten – wenn es auch keine zehn sind. Die Aufgabe des Dataisten ist demnach: vermehre den Datenfluss! Das heißt im Klartext: konsumiere und produziere! Spannend ist dabei der Aspekt, dass auch hier die menschliche Angst vor dem Tod sich wieder im Menschen aufbäumt: Denn was ist der Tod anderes als ein Moment, in dem Daten nicht mehr fließen können? Insofern ist die Freiheit des Informationsflut das höchste aller Güter für einen Dataisten. Ein völlig neuer Wert also – der demnach auch einen Paradigmenwechsel in der Gesellschaft einleitet. Das letzte Mal war dies wohl im 18. Jahrhundert mit dem Idee der Freiheit, die im Geiste der humanistischen Revolution stand, der Fall. Heute geht es nicht mehr nur um Freiheit sondern es geht um DATENfreiheit. Eine Optimierung, wie Dataisten meinen. Der Dataismus also ist die erste Bewegung seid 1789, der es gelang, einen völlig neuen Wert zu etablieren. Freiheit der Information sollte jedoch keineswegs mit dem Ideal der Meinungsfreiheit verwechselt werden. Der Zugang der Autorin ist dieser, Figuren des moderne Dataismus aufzuspüren- wie in etwa die “Incels”, eine männerfeindliche Gruppe im Netz, oder die sogenannten “Nerds”, die sich auf Vampir- Plattformen treffen- und künstlerisch zu bearbeiten, sei es in Form von Monologen, Dialogen oder Theater- Fragmenten, aber auch in Bildern.