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Tröpfchen und das Geheimnis der Quelle (Edition Zeitzoo) March 26, 2021

mit Bildern von Sven Stäcker

Tropf, ein helles glänzendes Tropfenmädchen, lebt gemeinsam mit den anderen tropfenartigen Taukindern in einem märchenhaften Wald. Ihre Tage sind freundlich und behaglich: Tropf wohnt unter den Kleeblattdächern und begrüßt jeden Morgen mit ihrer Familie zusammen singend die aufgehende Sonne. Eines Tages aber, als Tropf alt genug ist, gesteht ihr die Taumutter, dass sie nur adoptiert wurde und eigentlich gar kein Tautropfen sondern eine Träne ist. Tropf ist erschüttert. Als die anderen Kinder von Tropf´s wahrer Existenz erfahren, machen sie sich auch sofort über sie lustig. Die junge Träne wird fortan von Minderwertigkeitskomplexen und einem schlechten Gewissen geplagt. Sie beschließt nach einiger Zeit, sich bei dem, der sie geweint hat, zu entschuldigen. Nur: wie soll Tropf in die Menschenwelt gelangen?

Die kleine Träne setzt sich ins Gras und denkt nach.

In diesem Moment stürzt sich Funke, ein bösartiger kleiner Sonnenstrahl, auf Tropf und versucht, sie auszulöschen. Gerade noch kann Tropf sich unter einem Kleeblatt neben einer Elfe verstecken. Die Elfe hat ihr Kleid in der Erde schmutzig gemacht und scheint recht verzweifelt zu sein. Tropf hat Mitleid und wäscht den Schmutz mit ihrer Nässe for. Da ist die Elfe erleichtert.

Wie kann ich dir danken?” will sie wissen. Tropf meint, sie wüsste gern, wer sie geweint hat. Da entgegnet die Elfe, sie könne Tropf in ein Menschenmädchen verwandeln, damit sie sich auf die Reise begeben könne. Dann würde ihr das Licht auch nichts anhaben können, im Gegenteil. Immer aber, wenn Tropf einem Menschen begegnet, von dem sie denkt, er könnte sie geweint haben, müsse sie die magische Worte “Trippel trap tropf” murmeln und verwandle sich so für einige Sekunden in ihre ursprüngliche Gestalt zurück, damit die Menschen sehen können, ob sie sie wieder erkennen oder nicht.

Tropf ist begeistert von der Idee stimmt zu. Die Elfe schwingt ihren Zauberstab und -Schwups- wird die Träne zu einem 11jähringe Mädchen. Nach einer liebevollen Verabschiedung von der Elfe macht Tropf sich auf die Reise und wandert in ihrer neuen Gestalt die Landstraße entlang.

Zuerst trifft sie auf einen Obdachlosen. Tropf teilt mit dem Mann ein paar von der Elfe geschenkte Süßigkeiten und offenbart ihm dann ihr wahres Wesen. Doch der Obdachlose meint, er habe sie sicher nicht geweint, denn er habe keine Tränen mehr, und außerdem sei er zu hungrig und müde fürs Weinen. Tropf ist enttäuscht und möchte schon gehen, doch noch bevor sie sich in ein Menschenmädchen zurück verwandelt hat, taucht der bösartige Funke auf und will sie mit der Hitze seines Lichts vernichten. Gerade noch kann der Obdachlose seinen Umhang um Tropf legen und sie abschirmen, sodass sie unbeschadet wieder zu einem Menschenmädchen wird. Tropf dankt ihm und beschließt, weiter zu wandern.

Mit geknicktem Kopf betritt Tropf also wieder die Straße. Wird sie jemals die Wahrheit über ihre Quelle erfahren?

So vergehen die Tage, Tropf trifft einige Tiere und lernt von ihnen mehr über die Geheimnisse des Waldes.

Schließlich erreicht Tropf ein ein Kaufhaus am Rande der Stadt. So etwas hat sie noch nie gesehen! Die kleine Träne ist irritiert von einer dermaßen großen Auswahl an Nahrungsmitteln. “Dabei sitzt doch der Obdachlose ein paar Stunden Fußweg weiter weg und hungert!” denkt sie und blickt sich ratlos um. Eine Frau sitzt an der Kasse. “Aus der könnte ich gerollt sein!” sagt sich Tropf, und sie traut sich sogar fragen. Aber die Frau an der Kassa entgegnet nur, dass sie fürs Weinen keine Zeit hat und schickt die Träne fort.

Tropf streift also immer weiter in die Stadt hinein. Als sie ins Zentrum gelangt, sieht Tropf einen Mann, der ein seltsames Ding vor sich her schiebt, das winzig aussieht und sehr laut weint. Tropf fragt nach und es stellt sich heraus, dass dieser Mann der Vater des kleinen Wesens- eines Babies, wie er sagt- sei. Sofort ist Tropf angetan von der Zerbrechlichkeit des kleinen Wesens und singt und hipp- hoppt dem Kind ein Lied vor. Und tatsächlich: augenblicklich hält das Baby mit dem Weinen inne. Tropf ist beglückt. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlt sie sich stark. Sie offenbart dem Mann ihr wahres Wesen, doch auch diesem kommt Tropf nicht bekannt vor und hat sie offenbar also nicht geweint. “Männer weinen außerdem nicht”, fügt er hinzu, als Tropf traurig wird. In dem Moment erscheint natürlich auch schon wieder Funke, der die Träne die ganze Zeit verfolgt hat. Doch diesmal ist Tropf stark genug und schlägt das bösartige Lichtwesen mit ihrer Nässe in die Flucht, noch bevor sie sich in ein Menschenmädchen zurück verwandelt hat. In diesem Moment merkt die kleine Träne, dass sie stärker geworden ist auf ihrer weiten Reise. Erschöpft setzt sie sich in einen Park und schläft ein.

Als Tropf aufwacht, steht ein Zirkuswagon neben ihr auf der Wiese. Und auf einmal erscheint eine bunte Frau mit übergroßen Schuhen: Die Clownprinzessin Elvira! Tropf ist zunächst missmutig und findet die bunte Kleidung der Frau viel zu grell, doch die Clownprinzessin reißt ein paar Witze und zeigt Tropf ihre Zirkusshow. Langsam öffnet Tropf ihr Herz. Sie erinnert sich an die Lieder und Tänze der fröhlichen Taukinder und an den Song, den sie dem Baby vorgesungen hat. Am Ende steht Tropf auf und hipp- hoppt Elvira zum Dank für ihre Show ein Lied vor. Die beiden schließen Freundschaft und haben die Idee, ein künstlerisches Team zu werden. Ob Elvira sie vielleicht geweint haben könnte, fragt Tropf erst gar nicht, denn die Clownprinzessin erscheint ihr viel zu leicht und fröhlich um Tränen zu vergießen.

Fortan ziehen also Tropf und Elvira gemeinsam mit dem Zirkus umher und eine besondere Verbindung entsteht. Tropf wird Teil von Elvira´s Show, verliebt sich in einen Punk, der mit dem Zirkus mit reist und vergisst nach und nach ihre Vergangenheit. Sie lernt, was Traurigkeit ist- denn Tropf leidet zum ersten Mal an Liebeskummer- und gewöhnt sich mehr und mehr an das Dasein in einem Mädchenkörper. Tropf ist erschüttert und weint über ihren ersten Liebesverlust. Plötzlich wird ihr wieder klar, dass sie in Wahrheit eine Träne ist und Elvira nie etwas über ihre Vergangenheit offenbart hat.

In der darauffolgenden Nacht hat Tropf einen seltsamen Traum, in dem sie aus einer bunten Quelle fließt. Nach und nach kann sie ein Auge und ein Gesicht erkennen: Tatsächlich, es ist die Clownprinzessin, aus der sie da gerade rinnt!

Als Tropf aufwacht, begreift sie, dass Elvira es gewesen sein muss, die sie geweint hat. Sofort sucht sie die Freundin auf. Und kaum hat Tropf Elvira ihr wahres Wesen offenbart, erkennt diese sie auch tatsächlich wieder. Die beiden umarmen einander. Tropf ist erleichtert. Während ihr Rundrücken sich gerade richtet, entschuldigt sie sich bei der Freundin, dass sie sie geweint hatte. Doch die Clownin meint, dass sie ihre Tränen nicht bereue. Die Träne sei eigentlich eine Retterin, denn sie habe geholfen, die Traurigkeit weg zu spülen. Nun weint auch Tropf, die nur kurz ihre Tränengestalt offenbaren konnte und wieder in ihrem mädchenhaften Körper vor Elvira steht, vor Freude. In diesem Moment jedoch taucht die Elfe auf um Tropf in ihren Tränenform zurück zu verwandeln, denn nun ist der Sinn der Reise erfüllt und der Zauber wirkt nicht mehr. Tropf ist hin und her gerissen zwischen Elvira und ihrer Vergangenheit, doch schließlich begreift sie, dass ihr Platz im Wald ist, mit den Taukindern und Elfen. Elvira indes verspricht, sie oft zu besuchen.

Dennoch fühlt Tropf sich einsam, als sie die Heimreise antritt. Aber da bemerkt sie, dass ihr jemand folgt. Ängstlich dreht Tropf sich um, denn sie fürchtet schon, dass es Funke sei, der ihr da wieder auflauert. Doch wen erblickt sie da? Eine zweite Träne! Tropf erkennt sofort, dass das die Träne sein muss, die sie selbst als Mädchen geweint hat, als die Clownprinzessin sie wiedererkannt hatte. Es stellt sich heraus, dass die Träne Trip heißt und sogar eine männliche Träne ist! Hand in Hand ziehen die beiden Tränen nach Hause.

Gemeinsam mit der Elfe lassen sie jedoch während des Heimwegs noch ein paar kleine Zauber wirken: Sie stehlen Essen aus dem Supermarkt und bringen es dem Obdachlosen. Sie singen dem schreienden Kind ein Schlaflied vor, sodass der Vater weint, obwohl er ja gemeint hatte, Männer weinen nicht (- aber verratet es bitte keinem: Dass Männer nicht weinen, ist gar nicht wahr).

Und als die beiden Tränen und die Elfe daheim angekommen sind, werden sie von allen Taubrüdern- und Schwestern und auch von den restlichen Elfen in Form eines großen Festes gefeiert. Gleich am nächsten Tag laden die beiden Tränen auch Funke zum Frühstück ein, der inzwischen auch in den Wald zurück gekehrt ist. Der Lichtstrahl hat aus seinen Fehlern gelernt und stürzt sich nicht mehr auf Tropf. Im Gegenteil, er reicht ihr sogar einen Sonnenschirm aus einem Kleeblatt! Tropf ist glücklich. Und bestimmt, denkt sie, kommt auch die Clownprinzessin sie bald besuchen. Oder?