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BioMachtMissData – ein multimediales Fotoprojekt mit Maria Tunner July 21, 2020

   

               

Queen of the Biomacht

Es ist eine Stadt die stumm ist. Und ihre Königin ist im Untergrund. Haust in ihren Höhlen. Sich selber fremd und doch die einzige, die sich je kennen kann. Queen of the Biomacht. Und ich, ich bin wir. Also jeder. Ich kenne ihre Geschichte, wenn jemand sie kennt. So schreibe ich sie nieder, hier. Sie ist einsam. Die Queen of the Biomacht. Ihre Stadt erhebt sich auf Pfählern, weist alles auf, was wichtig ist: Aufzüge, Atomreaktoren, Fabriken, Tanzpaläste, künstliche Skischanzen und Konzentrationslager. Sie indes haust in den Katakomben. Sie ist einsam, wie nur Götter es sind. Denn wer kann ihre Sprache verstehen. Ihre Augen sind schwer. Sind Sterne, deren Lider aus Stein sind. Manchmal klickt sie einen ihrer Bildschirme an und betrachtet die Menschen. Ich weiß es. Heimlich. Es ist wie eine Sucht. Sie will deren Kerben und Ritzen kennen lernen. Sie hat manchmal sogar erbarmen mit ihnen. Zart und zerbrechlich sind sie, und ein Schlag auf ihren Hinterkopf schon kann sie töten. Kaum erinnern sie sich an etwas, verändert sich dies auch schon wieder in ihrem Gehrin: nichts also können sie fassen, diese niederen Wesen. Und darum mag die Queen of the Biomacht sie, manchmal, irgendwie, heimlich. Und nimmt Kontakt zu ihnen auf. Über das Internet zum Beispiel. Warum? Sie hat Mitleid. So betrachtet sie die Bilder, die vor ihr Flackern, immer wieder. Sieht durch die Apparatur das, was in der Außenwelt geschieht. Sieht diese Wesen sich aufbäumen, sich lieben, sieht sie fernsehen und wieder vergehen. Chips und Popcorn dürfen dabei nicht fehlen. Doch die Queen isst sie nie, nie wirklich. Hat beides nur in Tüten neben sich stehen. Weil: eben ihre Erfindung. Weil: diese Dinge dienen dazu, die Menschen von ihr, der Queen, abzulenken, bis sie bereit sind. Bereit für die Offenbarung. Die Befreiung durch sie. Ob es wohl manchmal gelingen mag? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur: Die Göttin ist mächtig. Ihr eigenes Ohr lauscht nach Oben, ist eine Art Labyrinth, durch das sie selbst als Stimme klingt und mit ihr die Summe all ihrer Wesen. Sie lauscht auf die Stadt, ob auch alles so bleibt, wie sie es errichtet hat: So ganz nach ihrem genetischen Material. Das Gerippe der Häuser – oft zerren die Orkane an ihnen. Großsstadtgewitter. Hin und wieder schlägt ein Geräusch ihr blaue Flecken ins Hirn: es ist ein Kind, das an Hunger stirbt. Doch sie hat es so wollen, also hört die Göttin weg. Dabei hilft das Internet. Hilft ihrer erichterstattung. Sie dient der Maschine der Queen. Ist ihre Art Höllenhund, die alles ins Richtige bellt. Durch Bilder. Sie heißt Angst und operiert meist über einfache Schlüsselreize. Die Queen indes hat große Pläne, plant neue Wesen: Vögel mit Schwimmfüßen, Fledermäuse, deren Krallen von feinen Häutchen durchzogen sind und die an Fische erinnern, Schafe mit Kiemen, Katzen, deren Augen groß wie Untertassen sind und im Dunklen leuchten. Das alles wird kommen. Doch noch ist Zeit. Jetzt widmet sie sich einmal dem Menschen. Ein seltsames Wesen ist der.

Schamlos hell und glatt sieht er aus, findet die Queen, und ihr graut ein wenig. Irgendwann später werden sie nur noch Knochen sein, weiß sie Bescheid. Nichts haben diese Wesen, vom heiligen Anfang an, und dennoch gebärden sie sich so, als könnten sie etwas gewinnen, etwas verlieren. Sie begreift es nicht ganz. Dennoch weiß sie: groß ist ihre Verantwortung. Die Welt hat sie zu hüten, die Queen. Und auch den Menschen. Hin und wieder wählt sie also einen aus. Sie aber darf nie sichtbar werden, sie ist jenseits der Bilder und ist alle Bilder. Deshalb lebt sie in der Höhle, in den Katakomben. Im Untergrund. Die Angst auf Vernichtung ist groß. Nur ein Gott kann sich so fürchten. Die Tastatur ihrer Seele besteht aus Vogelknochen, und darauf tippt sie ihre Regeln für die Welt ab. Und teilt sie mit: In Chatrooms, Bloggs, mal auf Facebook, mal auf Tinder. Jedes ihrer Worte kann ein Körperteil eines Menschen abtöten, in einer hundertstel Sekunde. Sie nimmt sie deshalb nur vorsichtig in den Mund. In der letzten Zeit aber ist ihr die Zunge gestorben: Klimaerwärmung, Hurricane, der Corona – Virus. Alles geht zu Lasten der Queen. Oft ist sie dann müde, legt sich schlafen in den tiefen Gemäuern der Unterwelt. Dann geht das Leben mit ihr ins Bett. Dann treiben die Menschen als Geister und Zombies umher. Die Zeit hört auf zu fließen. Wie angenehm ist es, zu kuscheln, denkt die Queen.

Immer wieder aber steigt die Queen auch aus den Katakomben, dem Licht entgegen. Als Göttin schließt sie uns allen das Tor des Morgens auf, wenn wir ihr folgen. Oder?

(More soon)