baby blue eyes November 22, 2010

Eine Reise nach Griechenland, an den Strand. Eine junge Frau, dorthin mit Freunden gereist, bricht zusammen. Drei Stimmen sprechen parallel von diesem Zusammenbruch. Eine führt Tagebuch mit immer gleichen Datumseinträgen, eine zweite versucht den Ereignissen erzählend zu folgen über die Zeit, die letzte verdichtet vielleicht einen inneren Monolog der Protagonistin. Drei Stimmen, die nicht präzise gegeneinander abgeschlossen sind, sich an den Rändern vermischen, wie auch die junge Frau im Text sich vermischt, manche Grenzen überschreitet und andere an sich nicht überwindet. Die Frau wird zum Körper des Textes, der sie durchfließt und durchdringt, um sich von innen nach außen zu schreiben. Nach dem Strandurlaub kehrt sie heim nach Österreich, nimmt Jobs an und jede Menge Gelegenheit, sich erfahren zu lernen: Parties, Sex, Drogen, alles kulminiert, um von inneren Stimmen abzulenken, kurzzeitig Ruhe zu schaffen. Der Körper jedoch lässt sich nicht überlisten, er blockiert, verstopft die Gedärme, sammelt, staut und gibt nichts mehr frei, überblendet jeden Blick raus aufs Überfülltsein zurück. Erst die spätere Begegnung mit einer magersüchtigen Freundin erlaubt, den eigenen Traumata allmählich auf die Spur zu kommen. Reyers Text taucht tief in den Körper, um sich zum Sprechen zu bringen. Verletzungen markieren den Erfahrungsstand eines Leidens, das sich im Schmerz vergegenwärtigt, was Sprache ist: Ein Unterschied, der formt, was ansonsten verschwindet. Eine Form, das zu überleben, was sprachlos zu machen versteht. Der Text zieht uns auf einen Grund, an dem wir nach Luft schnappen, die unter der Oberfläche knapp werden wird.

“Es gibt mit Sophie Reyer ein Riesentalent zu entdecken. Die Dichterin mit dünner Haut, die schreiben will, muss und auch kann. Irgendwann wird sie beim Bachmann-Preis lesen. Und, kann gut sein, reüssieren.”

(Christof Huemer, in: Falter 47/2008 vom 27.11.08)